1941-1945
5. Gefangenschaft
Diese Periode ist eine ganz ungewöhnliche. Einen größeren Gegensatz kann man sich wohl kaum vorstellen als den zwischen der riesigen Beschäftigung P. Kentenich in Schönstatt mit Kursen und Besprechungen und dann die Bunkerhaft im Gefängnis, in strenger Isolierhaft auf kleinstem Raum. Der Gründer, sonst ständig in Kontakt mit vielen Leuten, ist erst allein, dann mit einem Mitgefangenen; später in Dachau weitet sich dann wieder die Möglichkeit der direkten Kontaktnahme. Er, der sonst hört und spricht, muss schweigen oder - schreiben. Und das hat er wahrhaftig getan!
Da ist zuerst die Zeit im Karmel-Gefängnis. Höhepunkt dieser Zeit und zugleich die „Achse der Familiengeschichte“ ist der 20.Januar 1942. Aus dieser Zeit stammt der illegale Briefwechsel, die „Karmelbriefe“, die uns davon berichten. Das allgemeine Thema ist die Inscriptio, der Heroismus der göttlichen Tugenden. Dann stammen aus dieser Zeit der Mariengartenbrief und die Sponsagedanken. Auf den 2.2.1942 kreist die Thematik um die „Lichtmess-Schau“ und es entsteht das „ Dankeslied“.
Dann folgt die erste Zeit in Dachau. P. Kentenich entfaltet eine reiche direkte priesterliche Tätigkeit auf dem Zugangsblock. Aus der ersten Zeit in Dachau haben wir wenig Dokumente; bis zum 31. Oktober 1942 schreibt P. Kentenich ab und zu legale Briefe, die freilich nicht leicht zu lesen sind, weil er Tarnausdrücke verwendet. Ab 29.6.42 beginnt die gemeinsame Arbeit im „Desinfektionskommando“. P. Kentenich ist noch nicht im allgemeinen Priesterblock. Die Zeit ist reich an mündlicher Schulung (für P.Fischer, Dr. Kühr und Dr. Pesendorfer, Abendvorträge für die Polen). Aus der Anfangszeit auf dem Priesterblock sind uns einige Skizzen und Mitschriften überliefert. Der 25. März 1943 ist ein Einschnitt: P. Kentenich beschliesst, sich aus der öffentlichen Tätigkeit zurückzuziehen. Er hatte im Januar/Februar zu dichten begonnen und beschloss nun, mit der Schwarzpost zu beginnen. Es folgen also die zwei Jahre intensiver illegaler schriftlicher Tätigkeit. (Er hält wohl noch Abendanregungen bis zum 11.4.1944 und hat in der Schlussphase Gespräche und Vorträge mit Polen.) In dieser Zeit entstehen: Der Hirtenspiegel, die Lesefrüchte, die Marianische Werkzeugsfrömmigkeit, die Studie übers Gebet, Kleinere Arbeiten, die Werkzeugsgebete und viele Briefe und Gedichte. Im Herbst 1944 wird in drei Vorträgen die 3. Gründungsurkunde gehalten und später aufgezeichnet.